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HR at its Best – Corona als Chance für das Personal­management

Unter dem Hashtag #HRvsCoronaKrise hat Stefan Scheller zur Blogparade aufgerufen.

 

„Wie HR in der Corona-Krise das Unternehmen, den Staat und die Gesellschaft unterstützen kann!“

Ob es HR in der Krise tatsächlich gelingen kann, sich als professioneller Dienstleister zu beweisen? Ich habe da meine Zweifel.

Gerne nehme ich daher an der Blogparade teil. Da Stefan Scheller und andere schon viele spannende Themen behandelt haben, teile ich mit Euch einiges, was ich den letzten Tagen und Wochen tatsächlich erlebt habe oder in meiner Filterblase gelandet ist.

Home Office – und es geht doch!

Viele Organisationen und Führungskräfte sträuben sich gegen Home Office. Vertrauen in die Beschäftigten scheint heute immer noch erschreckend selten. Lieber Anwesenheit statt Leistung kontrollieren. Macht ja auch wahnsinnig viel Sinn, wenn die Leute im Büro Zeit absitzen, statt zu Hause motiviert zu arbeiten.

 

„Da arbeitet ja eh keiner“

Also wird flugs behauptet, der Job ließe Home Office nicht zu. Geht halt nicht, weil Termine, Technik, fehlende digitale Arbeitsbedingungen, und überhaupt …. Ihr wisst schon.

Aber jetzt haben wir Corona.

Und dann geht es doch! Alle nach Hause, arbeite von daheim, nur nicht im Büro. Home Office überall und für jeden. „New Work“ schallt es von überall, obwohl das natürlich wenig damit zu tun hat.

Witzig, wie alle #NewWork sagen und #HomeOffice meinen.
Quelle: Twitter

Plötzlich gibt es auch die digitalen Tools für Meetings und Projektmanagement. Manch Anbieter stellt diese sogar umsonst zur Verfügung. Auch interessant, dass IT-Sicherheit und BGM im Sinne ergonomisches Arbeiten auch gleich mit der Anwesenheitskultur über die Wupper geht.

Corona also als Schub für die Digitalisierung?

Ich bin gespannt, wie es nach Corona damit weiter geht. Meine liebe Kollegin Lisa Zech hat dazu einen wunderbaren Beitrag geschrieben.

Bevor der Eindruck entsteht, dass dem Virus etwas positives abgewonnen werden kann, muss ich das gleich wieder einschränken: Da wuchten die Mitarbeiter ihre beiden 22 Zoll Bildschirme und den Desktop-PC in ihr privates Auto und daheim die Treppen hoch, um dann den Esstisch damit in Beschlag zu nehmen. Home Office ist ja auch wirklich eine extrem überraschende Innovation. Da fehlt es natürlich dann allerorten an mobilem Gerät, Laptop, Smartphone, Dockingstation und Software.

Wie könnte HR jetzt in dieser Situation glänzen?

Indem Überforderung und Unsicherheit gemindert wird.  Denn die herrscht bei Beschäftigten UND Führungskräften. Meine drei Tipps:

  • Tipps und Tricks für eine optimale Organisation des Arbeitens von daheim inklusive ergonomisches Sitzen, Lockerungsübungen und Hinweisen, wie man trotzdem das Team erleben kann.
  • Praktische Hinweise für Führungskräfte, wie sie ihre Mitarbeiter führen sollen, wenn diese zu Hause sitzen.
  • Regelungen, die die Zeiterfassung lockern und Alternativen schaffen – gerade für Eltern, die ihre Kinder beaufsichtigen müssen

Und, wie sieht es da bei Euch aus? Ich sage es ganz klar: Meine Erfahrungen sind da sehr gut! Tatsächlich: HR at its Best!

„Hau ab, wir brauchen dich nicht mehr!“ statt HR at its Best

Kündigungen durch die Organisation kommen vor und sind selten fair – gerade in Krisenzeiten. Da sollte doch wenigstens die formale Trennung wertschätzend ablaufen.

Persönlich bin ich der Meinung, dass der Umgang mit der Kündigung ja der deutlichste Praxistest der gewünschten und in Stellenanzeigen verkauften Unternehmenskultur ist. Hier kommt die Wahrheit ans Licht.

Leider ist da HR nicht gut aufgestellt

Da gibt es keine ehrliche Nennung von Gründen (in der Probezeit). Dabei kann ein ehrliches Feedback Frust und Unsicherheit vermeiden und das Selbstwertgefühl erhalten.

Dafür wird verboten, sich von Kollegen zu verabschieden. Das ist nicht neu, aber dafür maximal sinnlos.  Denn trotz aller Verbote haben die Kollegen nämlich Kontakt zueinander. Da nimmt die Leidenschaft und die Bindung der anderen zum Arbeitgeber mit Sicherheit zu. Nicht.

HR übermittelt die notwendigen Unterlagen für die Arbeitsagentur (zu) spät und fehlerhaft. Leider auch nicht selten.

Für mich überaus bemerkenswert, wenn eine Organisation ab Zeitpunkt der Kündigung nur noch per E-Mail kommuniziert. Bitte nur kein persönliches Gespräch mehr am Telefon! Und schon gar nicht  mit der bisherigen Führungskraft oder den HR Business-Partner kommunizieren. Nein, die sind sich zu schade dafür. Und eine E-Mail-Adresse wie exit@organisation.com  kann kaum deutlicher ausdrücken, was man von den ehemaligen Mitarbeitern als Mensch hält.

Aber wirklich fassungslos bin ich, wenn dann das Arbeitszeugnis Rechtschreibfehler enthält. HRler, im Ernst? Wie Haufe deutlich aufzeigt, ist es dabei doch für Unternehmen so wichtig, im Zeugnismanagement Excellenz zu beweisen.

Man sieht sich immer zweimal

Und dann ist der heute Gekündigte der Kunde von morgen. Oder sogar der Chef in der neuen Firma. Zudem macht eine entsprechende Bewertung über des schlechte Off-Boarding da mal schnell alles Personalmarketing und Recruiting kaputt. Ganz zu schweigen vom persönlichen Umfeld. Da bewirbt sich sicher niemand mehr. Aber dieser Fachkräftemangel wird ja eh überbewertet.

Dabei könnte HR auch hier glänzen. Meine vier Forderungen:

  • Faire, ehrliche Exit-Gespräche kombiniert mit der Möglichkeit der Rückfrage und Zeit für Abschiede
  • Unterstützung auch nach Ende des Arbeitsvertrages: Persönliche Beratung für den ersten Termin mir der Arbeitsagentur, Tipps für die Änderung der Steuerklasse, Bewerbungs-Coaching, etc.
  • Unterstützung bei der Jobsuche bei Kunden, Lieferanten, Partnern. Natürlich die erneute Ansprache, wenn es nach der Krise wieder aufwärts geht.
  • Professionalität beim Arbeitszeugnis und allen anderen notwendigen Unterlagen.

Meine Erfahrung hier: Von „HR at its Best“ ist das Personalmanagement hier gaaanz weit entfernt.

Gute Führung? Hauptsache der Laden läuft!

Manchmal erhalte ich bewusst oder zufällig Einblicke in einige O-Töne, die Mitarbeiter äußern, wenn es um ihre Führungskraft geht. Meist höre ich sie im persönlichen Gespräch, seltener stehen sie in den schriftlichen und seit Jahren schlechten Mitarbeiterbefragungen und Führungsfeedbacks.

„Ich leide seit Jahren unter ihm“

„Mitarbeitergespräch sind Zeitverschwendung“, „Einfach weg hören“, „Nur nicht beschweren, dann wird es noch schlimmer“.

„Ich will nur noch weg.“, „Mit Erfolg von Frauen kommt der gar nicht klar.“, „Mach alles schriftlich mit ihm; sonst bist immer du schuld“.

Ok, ist halt keine gute Führung in der Organisation, könnte man denken. Aber weit gefehlt! Die Organisation hält sich für attraktiv gerade aufgrund ihrer Führung.

Grundsätze für gutes Leadership sind nicht nur definiert, sondern immer und überall Bestandteil aller Recruiting-Prozesse, Schulungen, Beurteilungen und 360-Grad-Feedbacks.

Warum dann so ein Feedback? Und vor allem immer wieder? Nun zuerst halte ich fest: HR und die nächsthöhere Führungskraft kennen die Situation der schlechten Feedbacks. Die Kündigungen, Gespräche, Führungsfeedbacks KANN niemand ignorieren.

„Läuft doch!“

Warum lässt man solche Führungskräfte dann gewähren? Nun, weil solche Manager oft (scheinbar) erfolgreich sind. Manche Organisationen finden es sogar gut, dass sie das Team „so gut im Griff“ haben: keine Widerworte, keine nervenden Ideen, Leistung durch Angst.

HR at its Best? Wirklich nicht. Es muss dem Personalmanagement endlich klar sein, dass es ohne konsequente Einhaltung der (Führungs-)Grundsätze unglaubwürdig wird. Zusammen mit der ganzen Organisation. Und dass sich das herumspricht. Das ganze schöne, teure Employer Branding könnt Ihr Euch dann schenken. Nichts als schöner Schein.

Kompetenz­management – wer kann helfen?

Unter dem Stichwort Talent- oder auch Kompetenzmanagement geht es in HR darum, die Mitarbeiter zu identifizieren, die Potenzial für höherwertige Aufgaben, Führungsaufgaben oder Karriere haben.

In Zeiten von Corona könnte HR glänzen, wenn es in Erfahrung bringt, was die Kollegen denn noch können. Wer hat eine frühere Ausbildung oder private Erfahrungen

  • im Sanitätsdienst,
  • in der Pflege,
  • in der öffentlichen Verwaltung (Arbeitsagentur, Gemeinden und Landratsämter)

Zuerst geht es um Identifikation dieser Personen. Dann um die Frage, ob sie in der Krise ihre Erfahrungen und Kenntnisse für die Gesellschaft einbringen WOLLEN.

Wenn ja, muss HR die Angst nehmen, dass sie ihren heutigen Job verlieren, wenn sie helfen. Wenn das Personalmanagement dann noch das Gehalt weiter bezahlt, obwohl die Mannschaft ganz woanders einen Beitrag leistet, dann…

… ja, dann kann HR sich als professioneller Dienstleister in der Krise hervortun. HR at its Best? Warten wir es ab.

HR systemrelevant?

Ja, HR hat einiges zu tun. Ausfälle müssen kompensiert, Kurzarbeit beantragt, Home Office organisiert werden. Viele nutzen die Zeit, um sich um Dinge zu kümmern, die sonst liegen bleiben: Sich Gedanken machen, ob die Recruitingprozesse noch gut sind, HR-Controlling aufbauen oder durchführen und so manch Konzept wird gerade geschrieben.

Aber dann? Ist HR systemrelevant? Wenn nicht, könnten Personaler ja auch selber helfen und die Gesellschaft unterstützen. Das Ding mit dem Vorbild sein – Ihr wisst schon.

Seid Ihr da schon HR at its Best?

2 Gedanken zu „HR at its Best – Corona als Chance für das Personal­management“

  1. Wie immer hoffe ich, dass möglichst viele HR’ler Ihren Artikel lesen – oder irgendwann den Schuss vor den Bug bekommen und dann lernen. Es gibt viel zu tun. Und wenn wir durch Corona schon einmal in der Lernzone sind, kommen vielleicht auch mehr Menschen in Fahrt, sich zu verändern – und vielleicht sogar Unternehmen.
    Ich hatte letzte Woche die Ehre, den noch Mitarbeitenden eines bald geschlossenen Standortes eines größeren Konzerns ein BewerbungsTraining anheimkommen zu lassen. Und kurzerhand haben wir das per Skype gelöst – es lief wunderbar.
    Das ist gar nicht teuer und die gekündigten Mitarbeitenden schätzen diese „letzte gute Tat“ ihres Arbeitgebers sehr. Und nicht zuletzt sind diese Menschen durch das BewerbungsTraining – oder noch besser natürlich durch individuelle BewerbungsCoachings – gerüstet für ihre berufliche Neuorientierung.
    Ich habe kurzerhand mein BewerbungsTraining für Firmen nun auch online im Angebot.
    Sorry für die Werbung, ich hoffe damit einfach ein wirklich gutes Angebot für zu entlassene Mitarbeiter zu machen 🙂

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