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HR braucht mehr orange

Personaler brauchen mehr orange

Rebecca Albat im Interview zu ihrer Studie unter Personalmanagern, die zeigt, dass HR Kümmerer ist, „Wertschöpfung“ aber noch zu wenig ausgeprägt ist.

Quo Vadis HR?

Alles wird vernetzter, internationaler und wandelt sich schneller. Vom Personalmanagement werden dahingehend Antworten erwartet. Insbesondere wird aktuell viel über die Rolle von HR in Zeiten der Digitalisierung diskutiert. Agilität und Arbeiten4.0 sind weitere Schlagworte, die deutlich machen, dass mehr notwendig ist, als das Reagieren. Agieren ist eine Hauptforderung der immer lauter werdenden HR-Kritiker.

Meine Skepsis im Hinblick auf die aktuelle Fähigkeit der Personalabteilung darauf eine zufriedenstellende Antwort zu liefern, habe ich zum Beispiel hier deutlich gemacht. Dabei war es mir stets wichtig, die aktuellen Entwicklungen auch als Chance für HR zu begreifen, um sich zu einem professionellen Dienstleister zu entwickeln. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Personaler selbst das richtige Mindset besitzen, um ihre Profession zukunftsfähig aufzustellen. Rebecca und Christian Albat, Moderatoren der Xing-Gruppe Personaler-Stammtisch, haben sich dieser Thematik angenommen und gefragt:

Welche Werte haben Personaler heute?


Liebe Rebecca, schön dass es klappt! Da wir uns zum Thema „HR“ unterhalten, meine Bitte, dass Du Dich vorstellst und kurz erläuterst, wie Ihr auf die Idee für Eure Umfrage gekommen seid.

„Christian und ich haben beide schon viele Jahre Erfahrung im HR-Geschäft. Über Stationen als Personaldienstleister in verschiedenen Firmen arbeiten mein Mann und ich als Trainer, HR-Berater und Interims-HR-Manager. Durch den Einblick in über 500 Personalabteilungen sehen wir die von Dir eingangs skizzierten Entwicklungen bestätigt. Hier war unser professionelles Interesse für die Studie geweckt. Zeitgleich sind wir zertifizierte 9-Level – Coaches und hatten daher ein Instrument an der Hand, dass wir in diesem Hinblick einmal auf einen ganzen Berufsstand anwenden wollten.“

Vor etwas weniger als einem Jahr habt Ihr mich eingeladen, an der Befragung teilzunehmen. Als kleines Dankeschön habe ich eine persönliche Auswertung erhalten. Ehrlich gesagt, war ich sehr überrascht, wie stark ich mich in dem Profil wieder gefunden habe. Erzähl uns doch bitte, was „9 Levels“ ist.

Mithilfe dieses wissenschaftlich fundierten und in der Praxis erprobten Tools ist es möglich herauszufinden, wie Abteilungen oder Teams zusammengestellt werden sollten, um das aktuelle Aufgabenfeld bewältigen zu können. Auch ob aktuelle und zukünftige Herausforderungen mit dem aktuellen Wertebewusstsein und Verhalten gemeistert werden können, wird mit dem Modell der 9 Levels ermittelt. Basis der Analyse sind dabei die handlungsleitenden Werte der Befragten.“

Das klingt sehr stark nach „Cultural Fit“ und „Evidenced Based Recruiting“, als spannende Weiterentwicklung in der Personalgewinnung.


„Ja, genau, dafür wurde 9 Levels entwickelt. Es kann bewertet werden, wie eine Person mit seinem Wertesystem in die Kultur eines Unternehmens, einer Abteilung oder eines Teams passt. Das Recruiter-Bauchgefühl wird an dieser Stelle mit einem wissenschaftlich fundierten Analysetool unterstützt. Mehr noch: Das Modell der 9 Levels hilft, Menschen, Gruppen und Organisationen wie auch deren Aktionen und Reaktionen besser zu verstehen. Denkweisen, Glaubenssätze, innere Befindlichkeiten und Organisationsprinzipien werden zum Ausdruck gebracht. Mit den 9 Levels lässt sich die aktuelle Unternehmenskultur messen und bewusst machen sowie ggf. nachhaltige Veränderungen einleiten.“

Das Interesse muss ja immens gewesen sein, herauszufinden, ob das Wertesystem der HRler geeignet ist, den massiven Herausforderungen im Personalmanagement zu begegnen.

„Insgesamt haben branchenübergreifend 77 Personalverantwortliche im ersten Durchlauf im Zeitraum Mai bis September 2015 an der HR-Studie teilgenommen. Die Teilnehmer stammen aus den Bereichen Personalentwicklung, Recruiting, Personalleitung, Personalmarketing sowie Personalverwaltung, worunter die Verantwortlichkeiten Administration, Recht sowie Compensation & Benefits fallen.

Dennoch war es nicht immer ganz so einfach, Studienteilnehmer zu gewinnen. Das Interesse an der Thematik und auch das Verständnis der Aktualität waren zwar da, aber der ein oder andere HR-Manager schien gar nicht wissen zu wollen, wie sein Werte-System ist. Befürchtungen über ein „schlechtes“ Abschneiden schienen hier vorzuliegen. Die sind aber unbegründet. Die 9 Levels zeigen Unterschiede im Wertesystem ohne jegliche Einteilung in „besser“ oder „schlechter“.“

Klingt ein wenig nach: „Wer ein rostiges Auto hat, fährt nicht gerne zum TÜV“.

Das Wertesystem der Personaler

Kommen wir jetzt mal zu den wesentlichen Ergebnissen der Studie. Erzähl doch den Lesern hier einmal exklusiv, welches Wertesystem die Personaler-Branche hat.

„Bei der Auswertung der Befragung kam eine Auffälligkeit besonders heraus: Alle Befragten haben eine starke Wir-Orientierung. HRler sehen sich als Teil einer Gemeinschaft. Sicherheit und Zugehörigkeit ist ihnen ebenso wichtig, wie Gerechtigkeit untereinander und nach außen zu anderen hin. Außerdem tauschen sich die Befragten gerne untereinander aus, streben flexibel ein gemeinsames Ziel an und arbeiten zusammen, um dieses zu erreichen.“

„Wir-Gefühl“ klingt doch erst einmal super!

„Ja, aber die hohe Wir-Orientierung in der HR-Studie bestätigt den Personaler als „Kümmerer“. Im 9 Level System, welches mit Farben arbeitet, hat das Wertesystem der HRler damit einen deutlichen hohen Blau-Anteil. Der Mensch im blauen Level sieht sich als Teil eines Ordnungssystems, das klare Regeln und Gesetze vorgibt. In diesem Mindset macht sich die Personalabteilung nach wie vor zur „Fürsorge-Abteilung“ oder „Mecker-Box“.“

HRler sind also blau 😉 … Scherz beiseite:

Das hört sich sehr nach Personalmanagement 1.0 statt 4.0 an. Was genau meinst Du in diesem Zusammenhang mit Deiner Forderung nach „mehr orange“?


„Die Veränderungen in Gesellschaft, Wirtschaft und Technik erfordern in den meisten Unternehmen im Moment eine Stärkung der Ich-Orientierung, um mehr Initiative, Eigenverantwortung und Dynamisierung zu erreichen. In diesem Sinne müssen auch die Personaler mehr Gestalter statt Verwalter und Innovator statt Administrator sein. Es ist an der Zeit für einen Kulturwandel hin zu einer neuen Art der Personalarbeit, damit das Personalmanagement den Herausforderungen gewachsen ist.

Personaler brauchen mehr orange
Personaler brauchen mehr orange – Quelle: fotolia.com Autor: alexmillos


Dieses Wertesystem ist bei 9 Levels eben orange. Der Personaler im orangen Level ist auf Erfolg fokussiert – allerdings nicht zwingend für den Moment, sondern mit Blick in die Zukunft. HR muss weg von der immer noch vorhandenen Praxis, in welcher Dokumentationen, Prozesse, Konzepte und Genehmigungsverfahren häufig vor der Zielerreichung und Wertschöpfung stehen. Zum Beispiel verschafft Harmonie und Sicherung der Komfortzone im Unternehmen der Personalabteilung keinerlei Wettbewerbsvorteil im Kampf um die besten Köpfe auf dem Arbeitnehmer-Markt.“

Ok, also münden die Studienergebnisse in Deine Forderung, dass sich das Werte-System der Personaler wandeln muss – hin zu mehr Ergebnis- und Erfolgsorientierung?

Tweet: „Ja, Mein Fazit der HR-Studie: Der Wertewandel muss bei den Personalern anfangen.

Um es mit 9 Levels auszudrücken: Personaler brauchen mehr orange!“

Rebecca, da gebe ich Dir vollkommen recht. Auch wenn man meiner Forderung nach einer Professionalisierung von HR als internen Dienstleister nicht folgen muss, so ist das Dienstleistungsmanagement doch Ausdruck dieses Werte-Wandels.

Welchen Einfluss hat HR?

Dennoch stelle ich zwei Beobachtungen aus der Praxis gegenüber: Zum einen sehe ich eher selten eine Stellenausschreibung für einen „orangen“ Personaler“. Zum anderen: Selbst wenn HRler ein oranges Mindset haben, so stehen oft Hierarchie, Organisation und Machtverhältnisse im Unternehmen dagegen.

„Diese Beobachtung mache ich auch. Nicht selten fordert die Geschäftsführung lautstark in der Unternehmensstrategie „Innovationen und Investitionen in die Zukunft“, dem widersprechen operativ dann aber häufig kurzfristig angeordnete Budgetkürzungen für HR. Oder anders ausgedrückt: Wenn das Wertesystem im Unternehmen (bzw. in der Personalabteilung) „blau“ ist, wird kein „oranger“ Personaler gesucht.

Hier stellen sich die Fragen, welchen Einfluss bekommt die Personalabteilung und welchen fordert sie auch aktiv ein? Zum Beispiel haben Personaler laut der Studie durchaus den hohen Eigenanspruch an interner Vernetzung und Kreativität. Dann müssen Personaler auch die Chancen der Digitalisierung gewinnbringend nutzen und überzeugen. Was ich meine, ist, dass HR die Veränderung stärker einfordern muss.“

Was ist damit Dein Fazit aus der Studie im Hinblick auf den Berufsstand der Personaler?


„Ich denke, die Ergebnisse lassen sich zu drei Punkten zusammenfassen:

  • Personaler brauchen mehr orange!
    Orange
    Die Mischung macht es: Wir-Gefühl (blau) aber auch deutlich mehr Ergebnisorientierung (orange)

    Weniger Kümmerer, mehr „Wertschöpfung“

  • Mehr wertorientierte Personalarbeit!
    Vor allem im Recruting und im Personalmarketing
  • Personaler, stärkt Euer Selbst-Wert-Gefühl!

Wie geht es weiter mit der HR-Studie?

„Sehr gerne möchten wir die Ergebnisse durch eine Erhöhung der Befragten-Zahlen verifizieren. Dazu wird es einen zweiten Befragungszeitraum dieses Jahr geben. Ziel ist es, einen ggf. nach Branchen und Generationen differenziertes Werte-System im Personalmanagement zu erheben. Bei Differenzen zur angestrebten Kultur ist es dann – für Unternehmen oder Personalabteilungen – möglich, in einen kulturellen Change zu gehen.“

Rebecca, vielen lieben Dank, dass Du hier die Ergebnisse Deiner Studie kommentiert hast. Ich bin gespannt, ob das Wertesystems der Personaler in 10 Jahren vielleicht ein ganz anderes ist. Ich wünsche Dir weiterhin Erfolg mit der Studie und viele weitere Teilnehmer.

 

Wie Ihr seht, lohnt es sich: Die Studienergebnisse könnt ihr hier herunterladen und damit gleich mit hoch interessanten Lesestoff in das Jahr 2016 starten! Ich freue mich auf Eure Kommentare hier auf dem personalblogger!

Bei weiterem Interesse – zum Beispiel wenn Ihr selber an der Studie teilnehmen wollt -, könnt Ihr Kontakt zu Rebecca Albat und den ALBATrossen aufnehmen.

Viele Grüße

Stefan Döring

Dieser Beitrag erschien zuerst auf personalblogger.net

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