Ja, richtig gelesen: Das Marketing macht Employer Branding! Bisher war ich der Meinung, das Thema ist ganz gut in den Personalabteilungen aufgehoben.
Vor ein paar Tagen wurde ich aber gebeten, vor Marketingleitungen des Mittelstandes als Experte zum Thema Employer Branding zu referieren. Das hat mich zweifeln lassen.
Wenn die Marketing-Abteilung Employer Branding denkt
Zunächst war bereits die Kombination einer firmen- und branchenübergreifenden Veranstaltung für Marketingleitungen und des Themas Employer Branding überraschend. Die Teilnehmer hatten sich mehrheitlich gewünscht, Arbeitgebermarke und Personalmarketing zu diskutieren. Spannend.
Im Laufe des Tages machte die Diskussion deutlich, dass das Marketing das Thema Employer Branding viel tiefer und umfassender denkt, als so manche Personalabteilung. Beispiele gefällig?
Was das Marketing HR voraus hat
Marketing spricht ganz selbstverständlich von „Leads“. Gemeint ist die Generierung und Vorbereitung von interessierten Kontakten, die an Sales übergeben werden. Inbound Marketing, Zielgruppenfokussierung, Personas, Marketing-Controlling, KPIs, Social Media, Trendforschung oder Consumer-Centric: nur einige der Begrifflichkeiten, die ganz selbstverständlich als gängige Methoden und notwendige Kompetenzen im Zusammenhang mit dem Marketing genannt wurden. Damit wird auch deutlich, was Marketing als Auftrag und Ziel seiner Tätigkeit versteht. Markenbildung, Slogans, Bilder und Kanäle sind alltägliches Geschäft – hier aber auch nur Mittel zum Zweck. Ein klares Selbstverständnis als Dienstleister, was auch dem Employer Branding gut tun würde.
Übersetzt auf HR sorgen Employer Branding- und Personalmarketing-Manager für Kontakte zu potentiellen Bewerbern, die an das Recruiting übergeben werden. Ganz so klar scheint das vielen Personalabteilungen aber nicht zu sein: Vielfach dienen Kanal und Arbeitgebermarke nicht als Mittel zum Zweck, sondern werden fälschlicherweise als Ziel missverstanden. Bling Bling statt Besetzung von Stellen, wie ich es genannt habe. Ich freue mich auch bereits sehr auf den Beitrag von meinem Blogger-Kollegen Alexander Hohaus, der uns zum Thema Zielgruppenfokussierung und Medienauswahl im Personalmarketing in Kürze überraschendes erschreckendes berichten wird. (UPDATE: Der Artikel ist hier erschienen.)
Aber auch ein Blick in die Studienpläne für angehende Personalmanager zeigt: Marketing-Grundlagen kommen da nicht oder nur rudimentär vor (nicht repräsentative Stichprobe durch Recherche von Personalmanagement-Studiengängen FOM, Hochschule für angewandte Wissenschaften München, Steinbeis-SMI). Wenn es der Unternehmensführung beim Employer Branding also vor allem um die Vermarktung als attraktiver Arbeitgeber geht, scheint das Marketing der passende Ansprechpartner, um den Lead zu übernehmen.
Der Punkt geht klar an das Marketing.
Was ist mit HR?
Das hier Marketingprofis über Employer Branding diskutierten, hat verschiedene Ursachen. Zum Teil hatte das Marketing den Auftrag bekommen oder sich selbst gegeben.
- Im ersten Falle sieht die Geschäftsführung HR offensichtlich nicht als den richtigen Ansprechpartner. Kein gutes Signal für das Personalmanagement, was vielleicht auch am fehlenden Selbstverständnis als interner Dienstleister liegen kann.
- Im zweiten Falle hat HR offensichtlich kein Bedarf erkannt. Das Marketing erlebt aber den Fachkräftemangel und Unbekanntheit des Arbeitgebers als rekrutierende Fachabteilung sehr wohl. Der Umstand, dass ein interner Kunde von HR (=Marketingabteilung) angesichts fehlender Angebote der Personalabteilung zur Selbsthilfe greift, ist vielsagend.
Noch ein Punkt an das Marketing.
Silodenken in der Personalabteilung
Aber es gab auch die Beispiele, bei denen HR bereits einen Employer Branding – Prozess gestartet hatte (Gut so!). Eine Zusammenarbeit mit dem Marketing lieft aber nur in Einzelfällen rund.
Warum sich das Marketing beteiligen wollte? Den Marketingleitern war sehr wohl bewusst, dass Produkt- und Arbeitgebermarke etwas miteinander zu tun haben und nicht isoliert betrachtet werden können. Daher war aus deren Blickwinkel eine Zusammenarbeit zwingend angezeigt.
Dieses Bewusstsein teilt HR scheinbar nicht so ganz, denn vielfach wurde von Zurückhaltung bis zur kategorischen Ablehnung der Zusammenarbeit gesprochen. Unfassbar, sollte doch gerade HR das Thema Silodenken und dessen Abbau bei einem „Kulturthema“ besonderes Anliegen sein.
Wieder ein Punkt an das Marketing.
HR, PR oder doch Marketing?
Vor über 2 Jahren fragte ich „HR oder PR – Wer gestaltet das Employer Branding?“. Meine Antwort lautete, dass die Frage im Sinne von entweder/oder ein Irrweg ist. Es kommt auf die Kompetenz und den Willen an, das Thema nachhaltig zu treiben.
Das trifft auch heute noch so zu. Wenn ich hier also bewusst deutlich dem Marketing den Ball zuspiele, so möchte ich vor allem eines: HR aufwecken. Denn ich sehe schon aufgrund des engen Zusammenhangs von Employer Branding zu den Themen Unternehmenskultur, Werte, Führung, Miteinander, interne Kommunikation und Change die Verantwortung immer noch dort.
Es geht nicht darum, ein Thema bei sich zu parken, sondern gemeinsam abteilungsübergreifend die Arbeitgebermarke zu entwickeln. Eine enge Zusammenarbeit ist daher keine Frage, sondern Erfolgsgarant. Tatsächlich spricht viel dafür, die Marketingabteilungen umfänglich einzubinden. Was meint Ihr?
Stefan Döring
Dieser Beitrag erschien zuerst auf personalblogger.net